Stefan absolvierte eine vierjährige EFZ-Berufslehre und arbeitete danach ein paar Jahre in seinem Lehrbetrieb weiter. Die Arbeitssituation wurde jedoch für alle schwieriger, denn Stefan litt unter körperlichen Beschwerden und konnte im Betrieb weniger flexibel eingesetzt werden. Schliesslich wurde ihm gekündigt. Nach erfolgsloser Jobsuche über die Arbeitslosenversicherung wurde er ausgesteuert und musste sich beim Sozialdienst anmelden. Erinnerungen an schwierige Situationen im Arbeitsalltag und seine Niedergeschlagenheit plagten ihn und verunmöglichten die Reintegration in die Arbeitswelt. Er zog sich immer weiter zurück und verlor den Kontakt zu seinem sozialen Umfeld – ein Teufelskreis.
Für die Sozialdienste ist eine solche Situation schwierig. Einerseits soll den Betroffenen geholfen werden, andererseits fehlt aber oft auch die Zeit, um auf ihre spezifischen Bedürfnisse einzugehen. Die Spezialistinnen und Spezialisten im Lernwerk können hier sowohl die Klientinnen und Klienten als auch die Sozialdienste unterstützen und entlasten.
Ein strukturierter Tagesablauf und das Wiederaufnehmen von sozialen Kontakten waren für Stefan die ersten Stationen auf dem Weg zurück in die Arbeitswelt. Trotz anfänglicher Unsicherheit startete er mit einem 50%-Pensum in einer internen Arbeitsgruppe. Er lernte zunehmend mit schwierigen Situationen umzugehen und es fiel ihm immer leichter, seine Grenzen auszutesten und sie auch aufzuzeigen. Nach ein paar Wochen erhöhte er das Pensum auf 70%. Zusätzlich besuchte er den Bewerbungskurs im Lernwerk und bewarb sich bei verschiedenen Betrieben. Parallel dazu suchte seine Beraterin einen externen Einsatzplatz für ihn.
Ernüchterung und Einbruch
Doch für Stefan geht alles viel zu schnell. Seine psychische Verfassung wird zu einer Belastung, er muss krankgeschrieben werden. Für seine Beraterin im Lernwerk und die zuständige Person im Sozialdienst ist das aber noch kein Grund aufzugeben; die Unterstützung, die Stefan bisher erhalten hat, bleibt bestehen.
Und so kehrt er bald darauf wieder ins Lernwerk zurück. Er kann erneut Vertrauen fassen, findet wieder soziale Kontakte und arbeitet so zuverlässig wie zuvor.
Unterstützung von unerwarteter Seite
Ein glücklicher Zufall spielt wenig später allen in die Hände: Stefan entdeckt das Spiel Pokémon Go. Die Mobileversion des berühmten Nintendo-Spiels erfährt damals einen regelrechten Hype. Beim Spiel muss man durch die Gegend spazieren und Pokémons, Eier, Pokémon-Bälle sowie anderes Zubehör einsammeln. Man trifft sich an spezifischen Orten, an denen immer wieder seltene Pokémons auftauchen, oder kämpft gegeneinander in Arenen. Dieses Spiel animierte Stefan dazu, das Haus zu verlassen und sich zu bewegen. Er traf Gleichgesinnte und schloss neue Freundschaften.
Im Lernwerk lief es auch jeden Tag besser. Er fasste wieder Selbstvertrauen, arbeitete weiterhin zuverlässig und bewarb sich fleissig. So schaffte es Stefan, mithilfe seiner Beraterin eine passende Schnupperstelle zu finden, aus der sogar ein Angebot für eine Festanstellung resultierte. Stefan arbeitet heute noch im selben Betrieb – und in seiner Freizeit jagt er weiter Pokémons.
* Uns ist der Schutz der Teilnehmenden an Lernwerk-Programmen sehr wichtig. Der Name ist der Redaktion bekannt.